Ein kleiner Exkurs zum sardischen Straßenverkehr

19 06 2010

Ich will mal schnell ein paar Zeilen loswerden, vielleicht interessiert es ja den ein oder anderen späteren Sardinienfahrer.

Zunächst einmal steht auf der Insel viel zu viel Blech herum. In Form von Straßenschildern. Die werden hier schonmal grundsätzlich nicht beachtet. Die Hitliste der nichtbeachteten Schilder lautet:

– Tempo 50, innerorts wie außerorts

– Überholverbote

– Stopschilder

Das Blech dieser Schilder sollte man lieber verwenden, um Straßenschilder und Richtungsanzeiger zu erstellen, denn davon gibt es nur wenige und meist nicht die Richtigen. Gerade größere Städte zeichnen sich dadurch aus, dass die Richtungsschilder erst an einem großen Kreisverkehr außerhalb der Stadt zu finden sind. Dann kann man im schlimmsten Fall wieder durch die halbe Stadt zurück, weil man auf der falschen Seite ist.

Weiterhin gibt es viel zu viel Farbe auf den Straßen, so ziemlich jede durchgezogene weiße Linie wird trotzdem überfahren, eben auch wenn ein Überholverbotsschild dieses verbietet. Da könnte man Farbe sparen ohne Ende!

Ich weiß jetzt nicht, ob das echte Sarden sind oder Festland-Italiener. Ausländer fahren hier meistens bedächtiger. Außer ich natürlich, ich hab mich selbstverständlich sofort, fast schon zeitgleich mit dem Betreten italienischen Bodens, auf die Fahrweise eingestellt und gebe mein Bestes, nicht aufzufallen. 🙂

Heute fuhr vor mir ein Krankenwagen mit Blaulicht mit ca. 90km/h auf einer 70er Strecke, also absolut normales Tempo für hiesige Verhältnisse. Aber trotzdem wurde er noch überholt, auf einer durchgezogenen Linie natürlich. Schon komisch.

Auch darf man sich nicht wundern, wenn man einmal in den Rückspiegel schaut und plötzlich ein Auto mit ca. 1 Meter Abstand hinter sich sieht, das eben noch nicht da war. Abstand scheint auch völlig überbewertet in diesem Teil der Welt. Manchmal sehe ich nur noch das Markenzeichen auf dem Kühlergrill, selbst Nummernschild und Scheinwerfer sind schon aus meinem Rückspiegel verschwunden. Da darf man nicht zimperlich sein, einfach weiterfahren, der überholt schon… über die Linie natürlich.

Trotzdem macht das Fahren hier tierisch Spaß und ich kann es jedem nur empfehlen! Nur wie man sich das Verhalten dann wieder abgewöhnt, weiß ich noch nicht… 😉

Und nun beschließe ich den Abend, indem ich eine fünfköpfige italienische Wohnmobil-Familie beim Einrichten ihrer Satellitenschüssel beobachte und ein sardisches Bier auf die Freiheit trinke! Salute!



Tag 6 Arboréa

19 06 2010

Es gibt schon komische Camper. Kommen mit einem Wohnmobil im Wert eines Einfamilienhauses und einem Hänger mit Motorrädern oder Rollern drauf und meinen, campen zu können, vom Motorradfahren ganz zu schweigen. Natürlich mit Satelliten-TV und allem Drum und Dran. Lustigerweise kommt auf jedem Campingplatz bis jetzt mindestens einer von ihnen mal vorbei und plaudert mit mir über meinen Roller. Und vielleicht bin ich hochnäsig, aber irgendwie höre ich immer ein klein bisschen Neid heraus, wenn sie begreifen, dass ich ganz alleine einfach nur fahre und campe, ohne Plan und ohne Ziel. Dann trollen sie sich wieder in ihre Familienburgen und ich brat mir mein Spiegelei auf dem Gaskocher weiter. 🙂

Heute ist es sehr bedeckt und mäßige 24°C warm. Ich bleibe auf dem Campingplatz “S’Enna Arrubia” bei Arboréa und pack meine Seitenkoffer und die große Tasche ins Zelt. Derart befreit von der vielen Last jage ich mit Verona die Straße Richtung Oristano hoch. Wow, das geht ja richtig ab. 🙂

In Oristano suche ich mir ein Internetcafe, leider auch hier kein WLAN. Einen Kommentar dazu hab ich ja bereits gebloggt. Ich finde über Google noch ein großes Einkaufszentrum in Oristano, wo es angeblich kostenlos WLAN gibt. Leider finde ich das nicht im wahren Leben. Auch wenn Oristano nicht sonderlich groß ist, so verfährt man sich hier ziemlich schnell. Alles hier ist verdammt schlecht ausgeschildert und die Sonne steht so hoch, dass ich sie nur dazu nutzen kann, OBEN zu finden! Und so fahre ich wie ein echter Italiano mit offenem Klapphelm und nur im T-Shirt durch die Gassen, die Beine meistens unten, weil man sowieso gleich wieder anhalten muss. Innerlich summe ich “carbonaaaaara, eeee uuna coca cooooola”. 🙂

Nach der erfolglosen Suche nach dem Einkaufspalast fahre ich Richtung Westen zur Halbinsel Sinis. Am südlichsten Zipfel nehme ich mir die Zeit für ein Bad. Wieder ein fast leerer Strand, der Roller parkt direkt 20 Meter vom Wasser an einer Düne. So lässt sich’s leben!

Auf der Rücktour gibt’s einen kleinen Abstecher in das menschenleere Film-Statisten-Dorf San Salvatore. Hier hat schon Sergio Leone seine Italo-Western gedreht. Man darf zwar nicht durchfahren, aber hey, es ist doch menschenleer! Und selbst wenn sich jemand beschweren will, muss er erst mal schneller ziehen als ich… yeeehaaa Cowboy!

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Gegen 16 Uhr bin ich wieder auf dem Campingplatz. Es hat sich verdächtig zugezogen. Für morgen ist Regen angesagt. Sollte es trocken bleiben, fahre ich weiter nach Alghero.